Kämpfer für ein freies Hassloch
Von hjm.
19. August 1988. Gegen 18 Uhr stiessen Spaten und Schippen auf Widerstand. Vorsichtig wurde loses Gestein, Sand und Lehm aus dem fast ein Meter tiefen Loch nach oben auf die bereitstehende Rolle befördert. Und wurde er sichtbar, der obere Rand des alten Brunnenschachtes. Ortsgeschichtliche Vergangenheit tat plötzlich vor den Augen der Umstehenden auf. Man war „auf den Punkt“ fündig geworden.
Was sich im ersten Moment wie eine spannende Ausgrabungsgeschichte liest , hat sich vor kurzem im Ortskern Hasslochs, auf der Wied, tatsächlich so zugetragen. Genauer gesagt, in rund 3 Meter Entfernung südöstlich der Marienlinde. Und wie jede Ausgrabung ihre Vorgeschichte hat, so blicken wir auch in diesem Fall auf einen gewissen Zeitraum zurück.
Seit 35 Jahren veranstalten die „Kämpfer für ein freies Hassloch“, eine Stammtisch- Gemeinschaft, die aus dem früheren Vorstand- Stammtisch des TV Hassloch hervorgegangen ist, ihr mittlerweile weit über die Grenzen Rüsselsheims hinaus bekanntes „Eppelwoifest“. Der Reinerlös dieses in der Zwischenzeit sehr populär gewordenen Festes ging bisher caritativen Verbänden oder der Jugendförderung Hasslocher Vereine zu. Im Anschluss an die 300- Jahr- Feierlichkeiten der Hasslocher Kirche im Jahre 1986 kam dann irgendwann der Gedanke auf, die Einnahmen aus diesem Fest dem Ort Hassloch einen Brunnen zu stiften. Und: Er sollte da hin, wo der alte einst stand. Zeitzeugen wurden befragt, alte Fotos zu Rate gezogen, und so langsam kam Licht ins Dunkel. Es muss im Jahre 1936 gewesen, als der alte Buntsandsteinbrunnen mit seinem Pumpenstock – so wie ihn unsere historischen Fotos aus den Jahren 1909 und 1910 zeigen – abgebrochen wurde. Viele Jahrzehnte hatte er in dieser Form als „Wasserspender“ gedient.
Ursprünglich wird auch er natürlich ein Ziehbrunnen gewesen sein, ähnlich wie der in Bauschheim, im Hof der Rüsselsheimer Festung oder wie der Zweischalenbrunnen der alten Falkenstein`schen Burg, der heute in den Anlagen des Hasslocher Altenheims steht. Näheres allerdings weiss man nicht. Hier schweigt sich bisher die Vergangenheit aus. Dagegen wissen alte Hasslocher zu berichten, wie früher die Pferde zur Tränke an den Brunnen geführt wurden oder sich die Kinder gern auf den Brunnenrand setzten . „Schätzungsweise 12 Kinnerboppes hatten darauf Platz“, meinte einer der Stammtisch-Kämpfer und leitete daraus den Durchmesser des Brunnens ab.
„Muss so zwischen 1,20 und 1,50 m gewesen sein“. Wie recht er mit seinem „Hasslocher Mass“ hatte. Berechnungen ergaben einen Durchmesser von 1,45 m.
Nach einer ersten Zusammenkunft des Brunnenausschusses am 24. Februar 1988 beim Hannappel`s Philipp wurde beschlossen, zunächst die Lage des alten Brunnens ausfindig zu machen. Ausserdem wollte mann nach ersten Kontakten mit dem Steinmetzbetrieb Heinrich Brahm GmbH in Oberwesel am Rhein entgültig dieser Firma den Auftrag erteilen. Von da an ging es Schlag auf Schlag. Am 5. März vermassen Artur Rötger und Hans- Joachim Mispagel lediglich anhand von Archivaufnahmen die Stelle, wo der alte Brunnen gestanden haben musste. Drei Schnittstellen besagten schliesslich: Hier muss gegraben werden! Und wie sich später herausstellen sollte, war auf den Zentimeter genau „vermessen“ worden.
Spendenübergabe der ,,Kämpfer für ein freies Haßloch'' an Christa Hofmann von der Hospiz Lebensbrücke gGmbH in Flörsheim und Anita Zimmermann vom Flüsterpost e.V. in Mainz
Ihrer seit Jahren gepflegten Tradition folgend haben die Kämpfer für ein freies Haßloch auch in diesem Jahr einen Teil der Einnahmen aus dem Verkauf von Apfelwein, frischem Most und diversen Leckereien aus der Käsehütte beim nach zweijähriger Pause endlich wieder stattgefundenem Eppelwoifest auf der Alt-Haßlocher Wied für einen guten Zweck gespendet. Die Hospiz Lebensbrücke gGmbH in Flörsheim sowie der Mainzer Verein ,,Flüsterpost e.V. '', der sich für die Beratung von Kindern krebskranker Eltern einsetzt waren in diesem Jahr nach interner Abstimmung Empfänger der ,,kämpferischen'' Zuwendung. Beide Einrichtungen konnten sich über eine Barspende in Höhe von jeweils 8oo Euro freuen, die ihre besondere Arbeit im sozialen Bereich unterstützt.
Bei einem Besuch im Flörsheimer Hospiz übergaben die Kämpfer Martin Kaus und Martin Bauer die Barspende persönlich an Christa Hofmann, Gründerin der über die Grenzen von Flörsheim hinaus geschätzten Einrichtung, die sich mit ihren 33 MitarbeiterInnen und mobilen Palliativteams um die Versorgung schwerstkranker Menschen kümmert und auch deren Angehörige im letzten Stadium des Lebens ihrer Lieben bis zum Tod umsorgt und begleitet. Im Gespräch mit den Spendenüberbringern unterstrich die Leiterin der Lebensbrücke die enorme Wichtigkeit des privaten Engagements von Freunden, Förderern, Paten und Spendern für ihre Einrichtung, um den vom Gesetzgeber festgesetzten Eigenanteil von 5% der Betriebskosten des Hospizes selbst zu erwirtschaften. Außerdem seien so einige der über die Regelversorgung hinausgehenden Aktivitäten im Hause erst möglich und nannte hierbei hausinterne Veranstaltungen wie Kaffeehausmusik und Lesungen sowie Therapiehund und -Pony.
Im Mainzer Büro der Flüsterpost, ausschließlich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen finanziert, übergab Kämpfer Michael Henrich dann den zweiten Teil der Spende an Leiterin Anita Zimmermann, die über die vielfältigen Aktivitäten des Vereins zur Unterstützung für Kinder krebskranker Eltern berichtete. So werden neben Präventionsarbeit in Kita und Schule auch Vorträge, Lesungen und Fortbildungen für Betroffene angeboten um eine offene und ehrliche altersgerechte Kommunikation zwischen Erwachsenen und Kindern zu ermöglichen. Durch Hilfe zur Selbsthilfe sollen und können so neue Wege gefunden, alternative Lebensperspektiven entwickelt und persönliche oder innerfamiliäre Krisen individuell und gemeinsam besser bewältigt werden, so die diplomierte Sozialpädagogin und kündigt für die Feierlichkeiten zum 20-jährigen Bestehen der Einrichtung eine große Party und mit Ausstellungseröffnung am 8. November 2023 im Mainzer Atrium Hotel an. Allein durch Treffen auf diese besonderen Menschen und Einrichtungen die nicht so oft im Fokus der Öffentlichkeit stehen, die aber trotzdem für unsere Gesellschaft so wertvolles leisten, macht nachdenklich und ist sicher einmal mehr Ansporn für die Kämpfer, auch im nächsten Jahr wieder für einen sozialen Zweck zu spenden.
Spendenübergabe der ,,Kämpfer für ein freies Haßloch'' an Christa Hofmann (mitte) vom Flörsheimer Hospiz Lebensbrücke gGmbH durch Martin Kaus (links) und Martin Bauer.
Spendenübergabe der ,,Kämpfer für ein freies Haßloch" an Anita Zimmermann vom Flüsterpost e.V. durch Michael Henrich.
Fotos und Text ,,Kämpfer für ein freies Haßloch"